Das erste Buch
Das klingt so wuchtig und schwierig: „erstes Buch“. Aber wer (als Hobby, durch berufliche Projekte oder durch Seminare das Kreative Schreiben und die Freude daran und die Leichtigkeit dabei immer wieder erfahren hat, entwickelt nach und nach mehr Ehrgeiz. Da ist das Projekt eines ersten Buches dann genau der richtige Schritt.
Die anspruchsvollste Variante des Bücherschreibens ist fraglos das Verfassen eines Romans. Jeder Mensch könne einen Roman schreiben, zumindest einen: nämlich die Geschichte des eigenen Lebens. So hat das Ernest Hemingway einmal formuliert. Das kann man natürlich etwas einfacher haben, indem man seine Lebensgeschichte chronologisch abspult, zum Beispiel in Form von Tagebucheinträgen. Oder noch einfacher (und dazu muss man nicht einmal selbst schreiben können) ist es, jemand anderem die eigene Lebensgeschichte zu erzählen. Diese Andere nimmt diese Erzählung mit einem Diktiergerät auf und tippt es anschließend ab. Gemeinsam geht der Ghostwriter (deren sich Prominente ohne schreiberischen Ehrgeiz oder schlicht aus Zeitmangel gerne bedienen) dies anschließend mit dem Erzähler durch. Auch so kann der Roman (eiens Lebens) entstehen.
Aber wir wollen diese kreative Arbeit ja selbst machen. Der Tipp dafür: Anspruchsvoller und vor allem interessanter, paradoxerweise zugleich leichter ist es, einfach irgendwo mit dem Erzählen zu beginnen und sich frei assoziierend durch das „Bergwerk der Bilder“ (wie das Michael Ende einmal nannte) zu arbeiten und Episode für Episode aneinander zu hängen. Wenn man dies dann noch am Schluss mit einer Zeittafel ergänzt, kann der Leser sich in diesem wild wuchernden und eben deshalb erstaunlicherweise dadurch sehr kreative und oft sogar recht spannende und interessante Werke zurechtfinden. Die Chronologie stellt die nötigen Zusammenhänge her.
Geht man noch einen Schritt weiter, begibt man sich ins Reich der Fantasie und der Fiktionalität, so wird aus der die Autobiografie mit einiger Geduld und Talent der „Roman meines Lebens“. Man muss dazu nur geschickt Rückblenden, Dialoge, die Beschreibung von Schauplätzen, anschaulichen Lokalkolorit und einige literarische Qualitäten mehr einfügen. Ist dann dieses Schicksal eines bestimmten Menschen (eben des erzählenden Autors) zusätzlich mit allgemein interessierenden und nicht zuletzt auch außergewöhnlichen Themen duchwirkt (Krieg, Flucht, Vertreibung, schwere Krankheit, Todesnähe, ungewöhnliche Heldentaten) – so kann sogar der Sprung in die „anspruchsvolle Literatur“ gelingen.
Dazu bedarf es nicht einmal einer speziellen hoch literarischen Sprache, eines auffälligen Stils. Viel wichtiger ist es, dass man etwas Interessantes zu erzählen hat und dies auch interessant erzählt. Der angemessene Stil, die literarische Sprache stellt sich dann von selbst ein. Dies kann man in dokumentarischen Romanen, oder auch erzählerischen Sachbüchern von Journalisten und Experten ihres Faches entdecken.
Dies kann gelingen, wohlgemerkt, muss jedoch nicht.
So ist das eben mit der Heldenreise (des Autors): sie kann auch misslingen, der Held kann scheitern. Der gesuchte Schatz kann verborgen bleiben. Der Drache der ihn hütet, kann den Helden besiegen.
Doch auch hier gilt: „Der Weg ist das Ziel“. Es geht zunächst einmal nicht darum, dass man einen tollen Roman schafft. Es geht vor allem darum, die Freude an diesem kreativen Prozess zu entdecken und zu genießen. Dies geht am besten in einer Gruppe mit gleichgesinnten Schreibern, die sich gegenseitig aus ihren frisch geschriebenen Kapiteln vorlesen und dadurch einen gemeinsamen intensiven Lernprozess durchlaufen.
Kreatives Schreiben, Dynamisches Schreiben und HyperWriting sind drei Varianten eines solchen Weges, den man als vielfältiges kreatives Geschehen zunächst einmal genießen sollte. Erst wenn dieses Rohmanuskript einigermaßen abgeschlossen ist, kann man in einem zweiten kreativen Prozess einsteigen, der genau sehr interessant und anspruchsvoll ist, wie das Schreiben der Rohfassung: nämlich die erste, zweite, dritte usw. Überarbeitung. Bis das Buch so weit gediehen ist, wie man es eben zustandebringt. Auch dies ist noch einmal eine Art Heldenreise.
Ist das erste Buch gelungen, dann hat man gewissermaßen „Blut geleckt“. Wenn es nicht allzu anstrengend und frustrierend war und das Ergebnis überzeugt (vor allem einen selbst, aber auch potenzielle fremde Leser) – dann kann man sich an das nächste Buch wagen. Und irgendwann hat man vielleicht auf diesem „Weg des Schreibens“ den Punkt erreicht, wo man von sich sagen möchte: Ab jetzt bin ich ein Profi, ab jetzt bin ich Schriftsteller.
Aber das ist eine andere Geschichte, die nicht unbedingt hier erzählt werden muss.