3 – die Magische Zahl
- autobiografisch
- erzählend
- sachlich
Die Dreizahl erweist sich als eine Art Dynamo in jedem menschlichen Leben, am deutlichsten sichtbar in der wohl dynamischsten aller Beziehungsformen: Vater – Mutter – Kind.
Im Rahmen unserer Schreib-Seminare spielt die Zahl „drei“ auf vielfältige Weise eine wesentliche Rolle (s. unten) – zum Beispiel in Form der Triade Publizieren, Evaluieren und Networking, deren Anfangsbuchstaben sinnigerweise das Akronym „PEN“ ergeben. Dies steht (im Englischen) sowohl symbolisch für das Schreiben in Form der Feder als auch für den internationalen Zusammenschluss der Schreibenden: den PEN-Club.
Beispiele für die zentrale Rolle der „3“ im menschlichen Denken und Leben
- Die Alltagsweisheit „Aller guten Dinge sind drei“. (Aller „bösen Dinge“ vielleicht auch?)
- Gott Vater, Gott Sohn und Heiliger Geist sind im ursprünglichen (männlich-patriarchalisch) christlichen Pantheon die heilige Dreizahl oder „Trinität. (Die „Mutter Gottes (Maria)“ hat man erst später in diesen Kosmos hineingeschmuggelt – da waren´s dann schon „vier“.)
- Die Dyade „Mann und Frau“ wird durch ein von ihnen gezeugtes Kind erweitert zur Triade „Vater Mutter Kind“. Dies dürfte die dynamischste Konstellation sein, die sich zwischen Menschen vorstellen lässt – und zugleich ist es auch die asymmetrischste Beziehungsform (wie schon ein kurzer Blick in das Leben eines jeden Menschen offenbart). Es handelt sich hierbei um die Fundgrube schlechthin für das Schreiben von erzählender wie autobiographischer Literatur.
- Es gibt drei räumliche Dimensionen: Länge, Breite und Höhe. Und man unterscheidet drei zeitliche Dimensionen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Diese beiden Dimensionsbereiche von Raum und Zeit könnte man noch durch etwas drittes ergänzen, das nicht physikalischer Natur ist: eine völlig anders geartete psychologische Dimension von etwas, das man „Bedeutung“ oder „Sinnhaftigkeit“nennen könnte.
- Alltagsweisheit: Jemand, der geistig etwas unterbelichtet ist, „kann nicht bis drei zählen“. Hier wird der Dreizahl geradezu mystische Qualität als eine Art Urkonstante des (menschlichen) Universums zugeschrieben: Bis „drei“ sollte man auf jeden Fall zählen können, um als (richtiger Mensch) akzeptiert zu werden und in der Welt zurechtzukommen.
- Fuzzy Logic ergänzt in der Informatik die binäre Dichotomie von Einsen und Nullen ebenfalls zu einer zentralen Triade, in diesem Falle als Beschreibung der (nicht nur digitalen) Welt.
- So banal es sich lesen mag: Jeder (!) Text besteht aus drei wesentlichen Abschnitten:
- Anfang
- Mitte
- Schluss
- Exposition (= Entwicklung der Handlung), die sich aus dem der Geschichte zugrundeliegenden Konflikt ergibt
- Schürzung des Dramatischen Knotens, auf den hin sich der Konflikt bewegt
- Lysis (= Auflösung des Konflikts = des „Knotens“ = der Spannung)
- Im Rahmen des von uns angebotenen Seminare erlangen Sie Kompetenz im Kreativem Schreiben und lernen alles, was für das Schreiben eines Buches (Romans) wichtig ist, durch:
- P ublizieren in vielen kleinen Schritten bis zum fertigen Buch;
- E valuieren in vielen kleinen Schritten, bis kreative Kritik und Selbstkritik selbstverständliche Fähigkeiten sind;
- N etworking in verschiedenen Gruppenformaten, von der kuschligen Kleingruppe (etwa 5 Teilnehmer) über die inspirierende Teilgruppe (max. 10) bis zur anregenden Gesamtgruppe (Plenum mit irgendwann max. 20).
- Für jede Erzählung (wie für jede Psychotherapie) wichtig ist weiterhin die Triade von „Täter, Opfer und Retter “ (Details Dramadreieck)
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Speziell für das Schreiben wichtige Triaden
Kreativitätspsychologisch wichtig ist die Spezifizierung (die auch für jeden kreativen Prozess überhaupt zutrifft): nämlich dass jede Geschichte (und analog auch jeder Sachtext) aus drei solchen Abschnitten (Teilen, Kapiteln) aufgebaut ist::
Deshalb hat jedes klassische Theaterstück, der Dramaturgie des Aristoteles und damit des richtungweisenden griechischen Theaters der Antike folgend, drei Akte. Wir finden sie im dramaturgischen Verständnis der gegenwärtigen Filmproduktion von Hollywood, die sich alle (wie jedes Buch über das „Drehbuchschreiben“ dokumentiert) an Aristoteles orientieren – und eben an diesem Dreischritt, in dem sich in der Regel die Handlung in drei Akten (ja, jeder Film hat diese ebenso wie das Drama) entwickelt.
Erweiterung der klassischen Dichotomie „Entweder – oder“
Die „3“ ist zudem eine wesentliche Erweiterung der klassischen Dichotomie „Entweder – oder“ (zum Beispiel „gut“ oder „böse“). Es wird dazwischen etwas Drittes möglich, dass man mit „Sowohl – als auch“ benennen könnte.
Erst das Vorhandensein dieser Qualität macht aus oberflächlichen Geschichten solche mit vielschichtiger Tiefe – beispielsweise wenn in einem Roman die Figuren nicht nur „gut“ oder „böse“ sind, sondern von beiden Extremen Anteile haben, die sie erst richtig menschlich werden lassen. Das unterscheidet die Helden moderner Erzählungen von denen früherer Zeiten.
Beispiel: Harry Potter. Der kommt zwar durchaus als „der Gute“ rüber, mit dem man sich als Leser leicht identifizieren kann – seine Erfinderin Joanne K. Rowling hat ihm aber auch einige recht happige „negative“ Eigenschaften verpasst: So versteht er wie sein Gegenspieler Lord Voldemort die Sprache der Schlangen – und er ist ein recht tatkräftiger Killer, befördert er doch im Endkampf mit dem fiesen Oberschurken eben diesen ins Jenseits!
Quellen
Friebe, Holm und Philipp Albers: Was Sie schon immer über 6 wissen weilten. Wie Zahlen wirken. Carl Hanser Verlag, München 2011, 275 S., 17,90 Euro
Stephan, Felix: „Tigergesichter im Gebüsch“. In: Südd. Zeitung Nr. 206 vom 7. Sep 2011, S. 14 (Feuilleton _ Rezension von → Friebe, Holm und Philipp Albers)
#110 / Aktualisierung: 24. September 2019